Seine Existenz verdankt dieses Teleskop der Stiftung des Bergedorfer Rektors Nikolaus Lühning. Dessen Sohn Oskar hatte ursprünglich Meteorologie und Astronomie studieren wollen, war aber zu Kriegsbeginn zur Wehrmacht einberufen worden und seit 1943 in Rußland vermißt. Da das Ehepaar Lühning keine weiteren Erben hatte, vermachten sie ihr Vermögen der Universität, um es im Sinne ihres Sohnes zur Förderung der Astronomie zu verwenden.
Mitte der siebziger Jahre wurde der Plan realisiert, den Großen Hamburger Schmidtspiegel zum Calar Alto Observatorium zu verlegen, da das lichtstarke Instrument unter dem aufgehellten Hamburger Himmel nicht mehr effektiv eingesetzt werden konnte. Infolge der anderen geographischen Breite Südspaniens mußte hierfür eine neue Montierung angefertigt werden. Im Juni 1975 wurde der Schmidtspiegel demontiert, die Gabelmontierung blieb in der Kuppel in Hamburg zurück.
Bereits seit längerem hatte die Hamburger Sternwarte die Absicht verfolgt, ein modernes 1.2m-Teleskop für spektroskopische und photometrische Untersuchungen von Einzelobjekten zu beschaffen. Die Universität konnte jedoch die finanziellen Mittel hierfür nicht aufbringen. Dank der Lühning-Stiftung und mit einer Aufstockung der Mittel durch den Hamburger Senat konnte das neue Teleskop 1974 bei Grubb-Parsons in England in Auftrag gegeben werden. Es ist Ende 1975 in der Kuppel des einstigen Schmidt-Teleskops in der vorhandenen Gabelmontierung aufgestellt worden und trägt zu Ehren des Sohnes des Stiftungsgebers den Namen Oskar-Lühning-Teleskop. Wegen seines kleineren Öffnungsverhältnisses wird es weniger stark durch die Himmelsaufhellung beeinträchtigt als der Schmidtspiegel.
Nach Behebung einiger Anpassungsprobleme ist das Teleskop bis ca. Mitte der achtziger Jahre hauptsächlich für photoelektrische Messungen eingesetzt worden. Weitere Arbeiten betrafen u.a. Winkeldurchmesserbestimmungen von planetarischen Nebeln und spektroskopische Beobachtungen von Novae und Beta-Cephei-Sternen. Für letztere diente ein 1973 aus Mitteln der VW-Stiftung beschaffter Gitterspektrograph von Zeiss, der sich jedoch als technisch unzulänglich erwies.
Nach einigen Jahren ohne wissenschaftliche Beobachtungsaufgaben wurde das
Oskar-Lühning-Teleskop ab 1994 bis zu Begin der Umbauarbeiten 1998
hin und wieder zur Gewinnung von CCD-Aufnahmen eingesetzt.
Die inzwischen über 40 Jahre alte
Elektromechanik der Montierung machte gelegentlich Schwierigkeiten, auch das
Kuppelseeing ließ infolge der viel zu großen Kuppel (das
Schmidt-Teleskop war erheblich länger) und der darunter befindlichen,
beheizten und schlecht isolierten Arbeitsräume oft zu wünschen
übrig. Schließlich wurde das Teleskop mit dem Ziel gründlicher
Umbauarbeiten 1998 geschlossen. Zunächst waren nur mechanische Erneuerungen
geplant, jedoch überlegte man sich, daß das Teleskop mit einem
leistungsfähigen CCD oder einem modernen Sternspektrographen hoher
Auflösung ausgestattet für eine ganze
Reihe von Beobachtungsaufgaben nutzbringend eingesetzt werden könnte.
Die Arbeiten waren 2001 im Wesentlichen abgeschlossen. Es ist eine moderne
CCD-Kamera installiert worden, und ein Fernsteuermechanismus eingerichtet
worden, der es ermöglicht, das Teleskop über Internet vom
Arbeitsplatz aus vollständig zu bedienen. Die CCD-Kamera ist von der
Firma Apogee, ist elektrisch gekühlt, und hat eine Auflösung von
1024x1024 Pixel bei einem Gesichtsfeld von 5'x5'.
Mit dem Umbau des Teleskopes hat die Hamburger Sternwarte in erster Linie sehr
viel Expertise erworben, die gewinnbringend z.B. beim Hamburger Robtischen
Teleskop (HRT) eingebracht werden kann. Das Teleskop mit seiner modernen Ausstattung
kann für Studenten und Wissenschaftler zum Üben im Umgang mit
modernen Teleskopen eingesetzt werden, sowie der Öffentlichkeit als
Demonstrationsobjekt moderner Beobachtungsmethoden vorgeführt werden.
Die wissenschaftliche Verwendung ist wegen der schlechten Wetter- und
Lichtverhältnisse in Hamburg natürlich nur begrenzt, dennoch kann
sehr gut z.B. zur Verfolgung von Langzeitvariabliltät heller Objekte
eingesetzt werden. Der wissenschaftliche Nachteil ist zwar die schlechte Lage,
ein großer Vorteil ist aber die gute Verfügbarkeit. Nach dem Umbau
wird das Teleskop von einer Gruppe von Wissenschaftlern immer dann genutzt
wenn das Wetter dies zuläßt. Seit Oktober 2002 sind z.B.
Farbaufnahmen gemacht worden, von denen einige in einer
Galerie zu sehen sind. Die Remote Steuerung ist für
2003 vorgesehen, es existiert aber schon eine Seite über das
moderne Oskar Lühning Teleskop.
Text und Bilder von Matthias Hünsch