Eduard Lippert
Die Hamburger Sternwarte hat den Verlust ihres Freundes und Gönners
Eduard Lippert zu beklagen.
In Hamburg am 8. Januar 1844 als Sohn des Kaufmanns David Lippert
geboren, widmete Eduard Lippert sich gleichfalls dem Kaufmannsberuf.
Nach seiner Ausbildung in Hamburg und längerer geschäftlicher Tätigkeit in
größeren Häusern in Hamburg, New York und London trat er in das
väterliche Geschäft ein und war in diesem sowohl in Hamburg als auch in
dem Zweiggeschäft in Port Elizabeth tätig. Bei Ausbruch des Krieges
1870/71 kehrte er nach Hamburg zurück und nahm als freiwilliger
Krankenpfleger im Felde am Kriege teil. Nach dem Kriege blieb er in
Hamburg und ging dann um 1880 wieder nach Südafrika, wo er in Transvaal
ein eigenes Geschäft gründete, das bald zu großer Blüte gelangte. Er
beteiligte sich in hervorragendem Maße an verschiedenen geschäftlichen
Unternehmungen zur wirtschaftlichen Erschließung Südafrikas und erwarb
sich hierbei ein ansehnliches Vermögen. Im Jahre 1897 gab Eduard Lippert
seine Geschäfte in Südafrika auf und verkaufte seinen gesamten dortigen
Besitz, da ihm das Land seit dem Jameson-Einfall verleidet war: er wollte
nichts mehr damit zu tun haben. Er kehrte nach Hamburg zurück und schuf
sich in dem nahegelegenen Landgut Hohenbuchen bei Poppenbüttel einen
herrlichen Ruhesitz. Hier widmete er sich großartigen
Wohltätigkeitsbestrebungen im Interesse der Allgemeinheit und nahm regen
Anteil an den verschiedensten kulturellen Betätigungen Hamburgs auf
wirtschaftlichem und wissenschaftlichem Gebiet.
Schon seit früher Jugend für die Himmelskunde interessiert, war er unter
dem klaren Himmel Südafrikas ein begeisterter Freund der astronomischen
Wissenschaft geworden. In Hohenbuchen war es nun sein Wunsch, sich
eingehender mit astronomischen Studien und Beobachtungen zu befassen
und sich zu diesem Zweck ein größeres Fernrohr anzuschaffen und sich
auch mathematisch weiter auszubilden. Er suchte unsere Sternwarte im
Jahre 1899 auf und bat um meinen Rat. Von dieser Zeit her rühren die
freundschaftlichen Beziehungen, welche ihn mit unserer Sternwarte
verknüpften. Auf Grund der damals gepflogenen Verhandlungen entschloß
er sich, die Anschaffung eines größeren Fernrohres und die Erbauung eines
besonderen Kuppelgebäudes in Hohenbuchen, noch zu verschieben. Er
erwarb zunächst einen Steinheilschen Kometensucher von 136 mm
Öffnung, den Repsold mit einer eigenartigen Stuhlmontierung mit
Hansenschem Axensystem versah, das eine äquatoriale Bewegung des
Fernrohrs bei azimutaler
Drehung des Stuhles ermöglicht. Diesen Kometensucher stellte Lippert auf dem Turm seines Hauses in Hohenbuchen, der mit abfahrbarem Dach versehenen wurde,
auf und führte mit ihm fortlaufend astronomische Beobachtungen aus.
Als der Plan der Verlegung unserer Sternwarte nach Bergedorf festere Gestalt gewann, nahm Eduard Lippert regen Anteil daran und unterstützte diesen Plan aufs
wirksamste. Als es sich darum handelte, der neuen Sternwarte eine moderne instrumentelle Einrichtung zu verschaffen, erbot sich Eduard Lippert im Jahre 1903 ein
größeres photographisches Fernrohr, wie er es anfangs selbst in Hohenbuchen hatte aufstellen wollen, als Geschenk für unsere neue Sternwarte zu stiften. "Ich bin", so
sagte er, "der Überzeugung, daß dieses Instrument für die astronomische Wissenschaft mehr leisten wird, wenn es auf der neuen Sternwarte in Bergedorf und nicht bei
mir in Hohenbuchen zur Aufstellung gelangt."
Dieses hochherzige Geschenk wurde mit Freuden angenommen und das neue, von Carl Zeiß erbaute photographische Fernrohr, das aus einem photographischen
Normalrefraktor mit UV-Triplet (340/3438 mm) und zwei kurzbrennweitigen Rohren (300/1500 mm) mit Objektivprisma besteht, führt zur Erinnerung an den Stifter
den Namen "Lippert-Astrograph".
Als Lippert im Jahre 1914 seinen Landsitz in Hohenbuchen aufgab und nach Hamburg übersiedelte, überwies er auch den oben genannten Kometensucher unserer
Sternwarte als Geschenk. Er beobachtete nunmehr vom Balkon seiner Stadtwohnung aus den Himmel mit einem Zeißschen Dreizöller bis in die letzten Tage seines
Lebens.
An der Entwicklung der astronomischen Wissenschaft und dem Gedeihen unserer Sternwarte hat Eduard Lippert dauernd regen Anteil genommen und noch in seinem
letzten Lebensjahr eine größere Rechenarbeit für unsere Sternwarte, die Herstellung einer Präzessionstafel für 1925.0,
mit der Rechenmaschine durchgeführt.
Die Hamburger Sternwarte wird Eduard Lippert, dem zu Ehren sie den ersten der mit dem Lippert-Astrographen entdeckten kleinen Planeten (846) Lipperta benannte,
stets ein dankbares Andenken bewahren.
Auch durch seine umfangreichen Wohltätigkeitsbestrebungen hat Eduard Lippert sich große Verdienste erworben. Besonders galt seine Fürsorge den Säuglingen und
kleinen Kindern. In Großborstel gründete er ein Säuglingsheim, in Poppenbüttel ein Kinderheim für verwahrloste Kinder; auf seinem Landgut Hohenbuchen errichtete
er eine große Mustermilchwirtschaft für einwandfreie Kindermilch, baute große Kuhställe, die mit allen Errungenschaften der Neuzeit ausgestattet waren und den
höchsten hygienischen Anforderungen entsprachen; weiter errichtete er in Poppenbüttel ein Erholungsheim für beruflich tätige junge Mädchen. Alle diese Anstalten
unterhielt er auf eigene Kosten und widmete dem ordnungsmäßigen Betrieb derselben seine
weitgehende persönliche Fürsorge. Auch sonst hat er vielfach private Wohltätigkeit in der Stille ausgeübt: sehr vielen Bedürftigen hat er mit Rat und Tat geholfen und
aufstrebende Talente, Künstler aller Art, auf seine Kosten ausbilden lassen, bis ihm nach dem Weltkrieg der Verlust seines ganzen Vermögens zu seinem großen Schmerz
dies unmöglich machte.
Nach einem an Arbeit und Fürsorge, aber auch an Erfolg und Freude reichen Leben starb Eduard Lippert am 19. November 1925 in seiner Vaterstadt Hamburg.