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Hamburger Sternwarte
Gebäude & Teleskope - Meridiankreis




Das Meridian Teleskop (1907)

Ein Meridiankreis ist ein astronomisches Fernrohr, das um eine in Ost-West liegende Achse in Meridianebene frei drehbar ist (d.h. man kann es nur nach oben oder unten schwenken), und mit dem der höchste Stand eines Sterns sowie der Zeitpunkt des Meridiandurchgangs mit größter Genauigkeit (unter 0,05 Sekunden) bestimmbar ist. Zum Zeitpunkt des Meridiandurchgangs eines Sterns ist dabei die Position an einem großen Teilkreis ablesbar. Arbeit am Meridiankreis Dazu sitzt ein Beobachter am Okular und gibt einem zweiten Beobachter zum richtigen Zeitpunkt ein Zeichen, woraufhin dieser dann die Ablesung der Koordinaten vornimmt. Später wurde dieser fehleranfällige Prozeß durch eine photoelektrische Registrierung des Sterndurchgangs ersetzt.
Der Meridiankreis war von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis weit in das 20. Jahrhundert hinein eines der Hauptinstrumente für die winkelmessende Astronomie. Bereits 1704 von dem dänischen Astronomen Ole Römer gebaut, erfolgte die allgemeine Anerkennung der "rota meridiana" erst über 100 Jahre später.

1803 baute Johann Georg Repsold einen Meridiankreis für sein privates Observatorium auf der Albertusbastion, welcher bis 1811 ein einzigartiges astronomisches Instrument war und erst nach 1820 durch die Instrumente von Reichenbach übertroffen wurde. Nach der Besetzung Hamburgs durch die Franzosen wurden die Wallanlagen neu befestigt, und das Observatorium mußte abgerissen werden. Der 1812 auseinandergenommene Meridiankreis wurde von C.F. Gauß für 1300 Taler aufgekauft und 1818 in Göttingen aufgestellt.

Zeitball im Hamburger Hafen In der neuen Sternwarte am Millerntor wurde 1835 von dem Geld des "Vereins der nach Archangel handelnden Kaufleute" ein neuer Meridiankreis aufgestellt, der von der Firma A.& G. Repsold (der von den Söhnen Johann Georg Repsolds, Adolf und Georg Repsold, weitergeführten Firma) geliefert wurde. Er wurde zur genauen Bestimmung der Sternpositionen (Astrometrie) und zur genauen Zeitbestimmung eingesetzt. Ab dem 16. September 1876 wurde von hier der Zeitball im Hamburger Hafen (Tip: Zeitbälle im Cuxhavener Hafen) gesteuert. Der Zeitdienst war eine der Hauptaufgaben der Sternwarte. Neben dem Zeitball wurde später der telefonische Zeitdienst von der Sternwarte aus gesteuert. Nach dem Bau eines neuen Meridiankreises im Jahre 1907 wurde dieses Instrument außer Betrieb genommen, und wartet seitdem auf ein Museum. Das Passageinstrument wurde übernommen und in einer kleinen Beobachtungshütte in der neuen Sternwarte in Bergedorf aufgestellt und diente im wesentlichen der Zeitbestimmung.

Bau des Meridiankreisgebäudes
Nach der Verlegung der Sternwarte nach Bergedorf wurde im Jahre 1909 ein Meridiankreis der Firma A.Repsold & Söhne von 2,3m Brennweite und 190mm Öffnung aufgestellt. Bei diesem Instrument wurden die verschiedenen Materialien besonders sorgfältig aufeinander abgestimmt. Die Gläser und die Metalle wurden so ausgesucht, daß bei veränderten Temperaturbedingungen das Ausdehnungsverhalten aller Materialien harmonierte. Für das Instrument wurde Nickelstahl und Eisen, für das Objektiv Borsilikatglas und Flintglas gewählt. Bau des Meridiankreisgebäudes Größte Sorgfalt mußte beim Meridiankreis auch auf die Überwachung der Fernrohrlagerung gelegt werden, um mit dem Instrument Sternpositionen mit höchstmöglicher Präzision gewinnen zu können. Mehrere Kontrollniveaus wurden installiert, und die Ablesung geschah über sehr große Teilkreise von 74cm Durchmesser, die aufgesetzte Gradeinteilung (4 Bogenminuten Strichabstände) wurde aus Silber gefertigt. Das Mirengebäude Um die Lage des Instruments gegenüber kleinen Ortsverschiebungen zu prüfen, wurden mehrere Miren (kleine Gebäude, in denen Peilspiegel standen, und die auf dem selben Meridian in einiger Entfernung stehen) installiert. Noch auf dem Gelände wurde die Nordmire in 105m Entfernung gebaut, und zwei Fernmiren entstanden im Abstand von 1.2km (nördlicher) und 4.5km (südlicher) Entfernung. Der Meridiankreis erhielt ein, tonnenförmiges Gewölbe, das in der Mitte auseinandergefahren werden konnte und den gesamten Meridian von Nord nach Süd freigab. Von außen erhielt das Gebäde eine spezielle Holzverschalung zur thermischen Isolierung.

fast fertiges Gebäude Der neue Meridiankreis wurde dem Observator Franz Dolberg (1876-1930) zugeordnet, der schon vor dem Umzug daran arbeitete, die von Charles Rümker in den Jahren 1836-1855 beobachteten 12.000 Sternpositionen völlig neu zu überarbeiten und die gemessenen Daten in Katalogpositionen umzurechnen. Diese Arbeit wurde mit dem Äquatorial, das jedoch nur für relative Messungen geeignet war, und dem neuen Meridiankreis, an dem die absoluten Messungen durchgeführt wurden, fortgeführt. Bei der Veröffentlichung war Benno Messow, dem das Passageinstrument zugeordnet war, und der auch am Meridiankreis arbeitete, maßgeblich beteiligt. Skizze einer Mire

In den zwanziger und dreißiger Jahren wurde an einem Gemeinschaftsprojekt der Sternwarten Hamburg, Bonn und Pulkowo (bei St. Petersburg) gearbeitet. Es ging um die erneute Erstellung eines Kataloges (AGK2) mit aktuellen Sternpositionen, die sich aufgrund der Präzession der Erdachse und der Eigenbewegung der Sterne innerhalb der Milchstraße stets verändern. Dieses Projekt lief in Hamburg so erfolgreich, daß die Aufgaben der Sternwarte von Pulkowo zusätzlich übernommen werden konnten. Die Aufgabe des Meridiankreises bestand darin, exakte Positionen von Anhaltssternen zu bestimmen. Es wurden dann photographische Aufnahmen mit speziellen Weitwinkelkameras (Astrographen, insbes. mit einem speziell angefertigten AG-Astrographen) gemacht, die im Labor mit sehr genauen Meßmaschinen vermessen wurden.
Während im zweiten Weltkrieg der Beobachtungsbetrieb an den meisten Teleskopen der Sternwarte ruhte, arbeiteten der Meridiankreis und das alte Passageinstrument dagegen auf Hochtouren, die Luftwaffe mit Stern- und Planetenpositionen zur Navigation sowie natürlich der Zeit zu versorgen (für Görings Bomberflotte wurden die Daten sogar bis 1960 im voraus erstellt). Zusätzlich erhielt die Bergedorfer Sternwarte 1937 einen kleinen Meridiankreis von 1,5m Brennweite und 123mm Öffnung aus Wilhelmshaven (Repsold 1875).

Noch bevor im Jahr 1953 die letzten Bände des AGK2 erschienen waren, wurde an die Wiederholung des Projektes herangegangen, um Aussagen über die Eigenbewegung der Sterne machen zu können. Die Methode für den AGK3 war dieselbe. Die Meridiankreisbeobachtungen wurden von Washington aus koordiniert und neben Hamburg an verschiedenen europäischen Sternwarten durchgeführt. Die Auswertung der Photoplatten wurde in Bergedorf durchgeführt. Die Arbeiten an diesem Projekt dauerten bis zum Jahr 1964.

1967 wurde der Meridiankreis abgebaut, modernisiert und zur Vermessung der Südhalbkugel mit Hilfe der Volkswagen-Stiftung nach Perth in Australien verschifft. Dort wurde der FK4 (Fundamentalkatalog) um 25.000 südliche Sterne erweitert und die Ergebnisse (1969-1975) als "Perth-70" Katalog veröffentlicht. Es wurde weiter an den Katalogen Perth-80 und Perth-83 gearbeitet, bis der Betrieb des Meridiankreises schließlich 1987 eingestellt wurde.

Heutzutage sind diese Kataloge von dem HIPPARCOS Katalog bei weitem übertroffen (über die HIPPARCOS Mission und die Ergebnisse). Die Satelliten gestützte Astrometrie machte die Meridiankreisbeobachtungen, die bis weit in das 20. Jahrhundert hinein die beste Möglichkeit zur Positionsbestimmung boten, bedeutungslos.

Nachdem die Hamburger Sternwarte die für eine Rückführung des Instrumentes nötigen Rückführungskosten nicht zur Verfügung stellen konnte, wurde es 1989 an das Deutsche Museum in München überführt und sollte in eine Dauerausstellung Astronomie einfließen. Nachdem die Ausstellung 1992 fertiggestellt wurde, fand sich jedoch kein Platz für das Hamburger Instrument, und es wanderte in das Depot, wo es heute noch liegt. Es wäre auch sehr aufwendig gewesen, den Repsold-Meridiankreis in einen ausstellungswürdigen Zustand zu bringen, da er im Laufe der Zeit mit einigen "modernen" Geräte-Ergänzungen modifiziert bzw. in seiner Grundsubstanz verändert wurde.

Geblieben ist das Gebäude, das Anfang der achziger Jahre aus der Bauunterhaltung herausgenommen wurde und seitdem verfällt. Eine vollständige Sanierung ist außerordentlich kostspielig und daher nicht möglich. Es stehen aber Gelder für Baumaßnahmen, die das Gebäude vor dem weiteren Verfall bewahren, stehen zur Verfügung.

Vor der Sanierung im Sommer 2000 Anbau nach der Sanierung (Okt. 2000)


Auch das Mirenhäuschen steht heute noch verwunschen am Wegrand. Die direkte Blickverbindung zwischen Mirenhaus und Meridiankreisgebäude ist durch Bäume verstellt, nur im Winter kann man den Zusammenhang zwischen den beiden Gebäuden erkennen.

Mirenhäuschen im Winter 2000 Mirenhäuschen Nov. 2000
Text und Bilder von Jan-Uwe Ness, 21. Mai. 1999
Quelle: Sterne über Hamburg (Jochen Schramm) ISBN 3-9803192-6-1 und eigene Recherchen.


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Letzte Änderung: 21-Nov-2009 13:27:42 durch Jan-Uwe Ness