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Update:

16. Januar 2024







Teleskop-Zwischen-Tests in Hamburg


Aktueller Stand (1. 7. 2004):
Das Teleskop wurde planmäßig zur Endüberholung an die Fa. Halfmann Teleskoptechnik zurückgegeben.

Optik:
Die Spiegel wurden vom Hersteller interferometrisch vermessen. RMS Sollwert, der nicht überschritten werden sollte, ist 0,1 lambda.
Zum Verständnis der Tabellen:
In der 1. Zeile ist die Summe aller Aberrationen gegeben, z.B RMS=0.032 lambda. Wenn man davon den Anteil einer bestimmten Aberration abzieht (z.B. C33), verbleibt eine Restsumme (hier RMS=0.026). Je stärker die Verringerung ausfällt, desto höher ist der Anteil dieser Aberration am Gesamtfehler. Verändert sich die Restsumme nicht, ist dieser Abbildungsfehler nicht (messbar) vorhanden. Laut Prüfprotokollen ergeben sich folgende Wellenfrontaberrationen:

Hauptspiegel (M1)


RMS P-V Kommentar

insgesamt 0.032 0.226 mit 633nm zu multiplizieren

minus restliche Aberration

R 0.032 0.226 Defokus

A 0.032 0.226 Astigmatismus

C 0.032 0.226 Koma

C33 0.026 0.154 Dreieckskoma

A4 0.032 0.226 quadr. Astigmatismus

S3 0.032 0.226 sphär. Aberration 3. Ordnung

M 0.025 0.160 Zonenfehler

Die Wellenfrontaberrationen sind im wesentlichen durch Dreieckskoma bestimmt.
Mit 0.032 lambda insgesamt ist der Sollwert deutlich unterschritten.

Sekundärspiegel (M2)


RMS P-V Kommentar

insgesamt 0.035 0.267 mit 633nm zu multiplizieren

minus restliche Aberration

R 0.035 0.267 Defokus

A 0.028 0.234 Astigmatismus

C 0.035 0.267 Koma

C33 0.031 0.234 Dreieckskoma

A4 0.035 0.268 quadr. Astigmatismus

S3 0.035 0.267 sphär. Aberration 3. Ordnung

M 0.021 0.247 Zonenfehler
Die Wellenfrontaberrationen sind im wesentlichen durch Dreieckskoma und Astigmatismus bestimmt.
Mit 0.035 lambda insgesamt ist der RMS Sollwert jedoch deutlich unterschritten.

Bild: ST7-Aufnahme des Ringnebels in der Leier (M57). Belichtung 2min.

Optikjustage:
Zur Demonstration der Teleskopoptik wurden intra- und extrafokale Sternbilder (2min Belichtungen) aufgenommen (siehe R.N. Wilson, Reflecting Telescope Otics II, S. 135)

intrafokal

extrafokal
Der dunkle Streifen links unten im extrafokalen Bild sowie gewisse kleinskalige Strukturen sind im wahrsten Sinne des Wortes Dreckeffekte. Die scheinbare Ovalität der Bilder ist ein Bildschirmeffekt. Tatsächlich sind die Bilder kreisrund (bei Astigmatismus wären die Ellipsen auch gegeneinander um 90 Grad verdreht). Gut erkennbar sind dagegen Zonenfehler. Die Frage ist, inwieweit diese sich auf die Abbildungsgüte auswirken. Entscheidend ist die Spotkonzentration. Die Fa. Zeiss gibt dazu eine Faustformel für eine Obergrenze an, die die Anzahl der Zonen (4), die Spiegelgrösse (1200 mm Durchmesser) sowie die RMS von M1 und M2 (in der Summe 27,6 nm) einschliesst:

Danach wären 80% des Lichtes in max. 0,35 arcsec konzentriert.

Eine exakte Bestimmung kann jedoch nur mit Hilfe quantitativer Methoden, wie z.B.einem Shack-Hartmann-Test, erfolgen. Dies ist auch geplant.

Pointingverhalten des Teleskopes
In die HRT Teleskop-Software (TCS) sind selbstverständlich alle vorausrechenbaren Effekte, wie z.B. die Refraktion des Sternlichtes in der Erdatmosphäre, die die scheinbare Position in Azimut A und Höhe H bestimmen, eingerechnet. Diese Position sei die Sollposition. Es bleiben jedoch nicht vorhersagbare Abweichungen der Ist- von der Soll-Position, die durch Eigenschaften des Teleskopes und seiner Aufstellung bestimmt sind. Dabei handelt es sich um folgende Größen:
an: nördliche Abweichung der Azimutachse vom Zenit (Aufstellungsfehler)
ae: östliche Abweichung der Azimutachse vom Zenit (Aufstellungsfehler)
npae: Abweichung von 90 Grad des Winkels zwischen Azimut- und Elevationsachse (Fertigungsfehler)
bnp: Winkel zwischen optischer Achse und Teleskopachse (Justagefehler)
aoff: Abweichung der Nullmarke des Azimutencoders vom Azimut Null (für HRT ist dies Süden)
eoff: Abweichung der Nullmarke des Höhenencoders vom Horizont
aes: Zentrierfehler Azimutencoder (Sinus-Anteil)
aec: Zentrierfehler Azimutencoder (Cosinus-Anteil)
ees: Zentrierfehler Höhenencoder (Sinus-Anteil) plus evtl. Tubusdurchbiegung (bei Abweichung vom reinen Cosinus)
eec: Zentrierfehler Höhenencoder (Cosinus-Anteil) plus Tubusdurchbiegung
c1-c4: HRT-spezifische Oberwellen in Höhe, in Abhängigkeit vom Azimut
c5: HRT-spezifisch
Die ersten zehn Parameter beschreiben das quasi ideale Teleskop. Das reale Teleskop kann davon abweichen (z.B. würden Lagerungenauigkeiten eine Welligkeit erzeugen, die zusätzliche Parameter erfordern würden). Wir beschreiben aktuell das Pontingverhalten mit den Gleichungen des idealen Telskopes plus fünf zusätzlichen Parametern (c1 bis c5):

dE=eoff+an*cos(a)+ae*sin(a)+ees*sin(e)+eec*cos(e)+c5/cos(e)+c1*sin(2*a)+c2*cos(2*a)
      +c3*sin(3*a)+c4*cos(3*a)
dA=aoff+an*sin(a)*tan(e)-ae*cos(a)*tan(e)+npae*tan(e)-bnp/cos(e)+aes*sin(a)+aec*cos(a)

Zur Ermittlung des Pointingmodelles wurden die Istpositionen von 126 Sternen vermessen und mit den Sollpositionen (Katalogwerte) verglichen. Aus den Differenzen dE und dA wurden die Parameter des Pointingmodelles ermittelt und das Modell in die Teleskopsteuerung eingestellt. Mit diesem Pointingmodell ergeben sich Restdifferenzen von RMS=2" in Höhe und 5" in Azimut. Diese Messungen wurden bei Vorhandensein einer Hysteresis getätigt. Nach Beseitigung dieser Hysteresis verkleinerten sich die dA entsprechend. Aus Zeitgründen wurde jedoch auf die Erstellung eines neuen,so dichten, Pointingmodells wie hier dargestellt, verzichtet.



Es ist zu beachten, dass das Pointingmodell bis zu 89° gilt, also exaktes zenitnahes Pointing ermöglicht.

Trackingverhalten des Teleskopes
Das exakte Pointing von HRT ist Voraussetzung für gutes Trackingverhalten. Bei hohen Trackingverlustraten, wie sie zu Beginn der Testphase gemessen wurden (deren Ursachen wurden durch den Teleskophersteller beseitigt), hätte der Autoguider Schwierigkeiten, den Stern zentral zu halten. Deshalb war eine maximale Trackingverlustrate von 0.5"/min anzustreben. Dies wurde erreicht und unterschritten.
Das Trackingverhalten wurde in allen Himmelsrichtungen und bei unterschiedlichen Höhen bis nahe 89° gemessen. Die größten beobachteten Trackingverlustraten (im Westen) betrugen 0.2"/min. Im Süden oder gar zenitnah lag der Wert üblicherweise bei oder unter 0.1"/min. In der Abbildung ist dies an zwei Beispielen demonstriert. Hier ist die Abweichung von der Sollposition (in arcsec; getrennt nach Azimut und Höhe) in Abhängigkeit von der Zeit (UT Stunde) dargestellt (obere Hälfte). Dies ist durch den Autoguider problemlos beherrschbar. Auch hier sind somit die Spezifikationen erfüllt.
Wenn die Trends in der Trackingverlustrate abgezogen werden, verbleiben stochastische Schwankungen (untere Hälfte der Abbildung). RMS dieser Schwankungen ist mit dem Seeing korreliert, zumindest in Azimut. Das heisst, die Tracking- (und Guiding-) Genauigkeit von HRT war prinzipiell durch die Atmosphäre begrenzt.

Bei Trackingtests am Pol wurde jedoch eine Oszillation in der Höhenachse entdeckt. Die Amplitude der Oszillation unterlag starken Schwankungen von unter der Detektionsschwelle bis hin zu etwa 1". Die Periode P dieser Schwingung ist mit der Trackinggeschwindigkeit v korreliert:
C=P*v=0.01°
Die Konstante C ist der Strichabstand auf dem Encoder (360°/36000), d.h. Quelle dieser Schwingung war das Encodersignal. Dieses Problem ist nicht prinzipieller Art, da eine solche Schwingung im Azimutantrieb niemals beobachtet wurde, obwohl der Azimutantrieb/Encoder baugleich mit dem in Höhe ist. Deshalb kann und wird dieser (letzte) Fehler während der Werksüberholung beseitigt werden.

Guiding
Voraussetzung für ein ausreichend genaues Halten des Sternes auf dem Fasereingang ist exaktes Nachführen. Da der Guidingzyklus 20s beträgt (15s Belichtung, 5s Auslesen), sollte bei gutem Seeing die Trackingverlustrate nicht mehr als 0,5"/min betragen, was HRT tatsächlich noch unterschreitet. Die Belichtungszeit von 15s ergab sich unter den schlechten Hamburger Seeingverhältnissen als notwendig, um das Seeing ausmitteln, d.h. den Zentroiden ausreichend genau bestimmen zu können. Es zeigt sich in der Tat eine klare Abhängigkeit des Guidingfehlers vom Seeing (s. Bild).
Dargestellt ist die gemessene Wahrscheinlichkeit, dass der Guidingfehler einen bestimmten Grenzwert (hier 0,6") überschreitet, in Abhängigkeit vom Seeing (FWHM des Sternbildchens).

Softwaretests
Als Subunternehmer der Firma Halfmann wurde 4PI Systeme Sonneberg GmbH mit der Entwicklung einer Teleskopsteuersoftware (TCS) beauftragt. Diese wurde im Laufe des Jahres 2003 entwickelt und eingefahren. J.N. Gonzalez Perez (Hamburger Sternwarte) entwickelte die Akquisitions-, Guiding- und Fokussier-Software. Softwarefehler wurden durch unsere Testmessungen gesucht, gefunden und beseitigt.
Zum Ende der Testphase konnte eine Software für eine automatische Teleskopsteuerung installiert werden. Die folgenden Teile davon wurden am Astrophysikalischen Institut Potsdam für das STELLA Projekt entwickelt:

Alle Teile, einzeln und im kompletten Zusammenspiel, konnten erfolgreich getestet werden. HRT kann somit zu Recht als ein automatisches Teleskop bezeichnet werden.

Die Software für den Wolkenmonitor wurde durch H.-J. Hagen (Hamburger Sternwarte) fertig gestellt und ausgetestet.

Fortsetzung Teleskop: Endabnahme